BFH-Urteil vom 18.05.2021 I R 62/17

Der Fremdvergleich ist kein Bankvergleich. Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) liegt nicht bereits deshalb vor, weil ein unbesichertes und nachrangiges Gesellschafterdarlehen höher verzinst wird als ein besichertes und vorrangiges Bankdarlehen. Das hat der BFH in einem zweiten Urteil vom 18.5.2021 – I R 62/17 (veröffentlicht am 28.10.2021) entschieden. Am selben Tag äußerte er sich bereits zu fremdüblicher Verzinsung von konzerninternen Darlehen (unser Blog-Beitrag vom 21. Oktober 2021).

Leitsätze

  1. Bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen steht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) einem Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegen.
  2. Es widerspricht allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Tatgericht ohne gegenteilige Tatsachenfeststellungen davon ausgeht, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes und vorrangiges Darlehen.

Wie auch bei der am selben Tag entschiedenen Frage zu fremdüblicher Verzinsung von konzerninternen Darlehen ist die Höhe des Zinses, zu dem ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt, grundsätzlich am Fremdvergleichsmaßstab zu messen. Die die fremdübliche Zinshöhe übersteigenden Zinsen werden steuerlich nicht anerkannt und im Zweifel als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert.

Wie auch bei der am selben Tag entschiedenen Frage zu fremdüblicher Verzinsung von konzerninternen Darlehen hat sich der BFH sehr deutlich zum für die Fremdüblichkeit relevanten Vergleichsmaßstab geäußert.

Der in der Betriebsprüfung häufigen Praxis, generell ein häufig vorrangiges und besichertes Bankdarlehen als Vergleichsmaßstab heranzuziehen, hat der BFH eine klare Absage erteilt. Vielmehr seien der Rang und die Besicherung eines Darlehens sehr wohl preisbildende (und damit für die Zinshöhe relevante) Faktoren. Weder komme es dabei auf eine gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit für Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfall noch lediglich auf die aktuelle Vermögenssituation der Darlehensnehmerin an. Das Ausfallrisiko eines Darlehensgebers hänge im Wesentlichen von dessen zukünftigen Entwicklungen ab. Mangels sicherer Prognosemöglichkeit schlage sich die fehlende Besicherung und Nachrangigkeit eines Darlehens in einem entsprechend höheren Zinssatz nieder.

Ebenfalls sehr deutlich hat der BFH gemacht, dass die Feststellungslast, dass der vereinbarte Zinssatz dem Fremdvergleich nicht standhält, beim Finanzamt liegt.

Volltext: https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202110202/