Wie hoch darf der Zins für ein Konzerndarlehen sein?
BFH-Urteil vom 18.05.2021 I R 4/17
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18.05.2021 – I R 4/17 (veröffentlicht am 21. Oktober 2021) über die für die Unternehmensbesteuerung wichtige Frage entschieden, wie hoch der Zins für ein Konzerndarlehen sein darf. Am selben Tag äußerte er sich auch zur Verzinsung von Gesellschafterdarlehen (unser nachfolgender Blog-Beitrag vom 28. Oktober 2021).
Vergleichsmaßstab für die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Konzerndarlehen sind zunächst vergleichbare Geschäfte zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten (Preisvergleichsmethode). Die sog. Kostenaufschlagsmethode, bei der die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht werden, darf erst nachrangig angewendet werden.
Bei der für die Zinshöhe bedeutsamen Bonität des Darlehensnehmers ist grundsätzlich auf die Bonität des Konzernunternehmens und nicht auf die Bonität des Gesamtkonzerns abzustellen.
Leitsätze
- Für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze ist vor Anwendung der sog. Kostenaufschlagsmethode zu prüfen, ob die Vergleichswerte mithilfe der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können. Das gilt auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon, ob die Darlehen von der Muttergesellschaft oder von einer als Finanzierungsgesellschaft fungierenden anderen Konzerngesellschaft gewährt worden sind.
- Für die Beurteilung der Bonität ist nicht die durchschnittliche Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns, sondern die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgebend („Stand alone“-Rating). Ein nicht durch rechtlich bindende Einstandsverpflichtungen anderer Konzernunternehmen verfestigter Konzernrückhalt ist nur zu berücksichtigen, falls ein konzernfremder Darlehensgeber der Konzerngesellschaft dadurch eine Kreditwürdigkeit zuordnen würde, die die „Stand alone“-Bonität der Gesellschaft übersteigt.
Die Höhe des Zinses, für den ein Konzernunternehmen einem anderen Konzernunternehmen ein Darlehen gewährt, kann als Mittel dienen, Gewinne künstlich von dem einen Unternehmen auf das andere zu verlagern. In grenzüberschreitenden Konstellationen ergibt sich auf diese Weise zudem die Möglichkeit, Gewinne in einen Staat mit niedrigen Steuersätzen zu transferieren. Das Steuerrecht wirkt solchen Gestaltungen mit dem sog. Fremdvergleich entgegen, indem die Darlehenszinsen nur in der Höhe anerkannt werden, wie sie auch unter fremden, nicht konzernzugehörigen Unternehmen vereinbart worden wären.
Im Streitfall hatte eine inländische Konzerngesellschaft mehrere Darlehen bei einer in den Niederlanden ansässigen Gesellschaft aufgenommen, die als Konzernfinanzierungsgesellschaft fungierte. Das Finanzamt und das Finanzgericht hielten die vereinbarten Darlehenszinsen für überhöht und ermittelten die fremdüblichen Zinssätze auf der Basis der Kostenaufschlagsmethode.
Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er hat entschieden, dass die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Konzerndarlehen zunächst auf die Weise zu ermitteln ist, dass der vereinbarte Zins mit dem Zins verglichen wird, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten vereinbart worden ist (Preisvergleichsmethode). Erst wenn ein derartiger Preisvergleich nicht möglich ist, kann die sog. Kostenaufschlagsmethode angewendet werden, bei der die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht werden.
In den Urteilsgründen ist der BFH auch auf weitere Aspekte des Fremdvergleichs eingegangen. So ist bei der für die Zinshöhe bedeutsamen Bonität des Darlehensnehmers grundsätzlich auf die Bonität des Einzelunternehmens und nicht auf die Bonität des Gesamtkonzerns abzustellen. Die finanziellen Kapazitäten des Darlehensgebers spielen dagegen keine maßgebliche Rolle für die Angemessenheit des vereinbarten Zinses. (Pressemitteilung BFH)
Volltext: https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202110196/